Infiziert vom E-Bike-Hipe (Erstinfekt beim Tandem-Tune) suchte ich schon lange nach einer legalen Option, mit dem Fahrrad die 50 km/h zu knacken. Es gibt unzählige Anbieter und Lösungen mit aberwitzigen Konstruktionen, die fast jedes Fahrrad auf 50, 60, 70 und mehr km/h beschleunigen. Aber keine davon ist ohne Motorradführerschein erlaubt, eine Zulassung haben diese Gefährte zudem so gut wie nie.
Fast wäre mein Traum erloschen, wenn ich nicht zum richtigen Zeitpunkt ein Interview mit dem Hamburger Eggert Buelk bei Intertape gehört hätte. Dieser erfand ein Fahrrad, das ohne Schnickschnack nur mit Körperkraft die 50 km/h ermöglicht. Nicht nur das, damit sind Tagestouren von hunderten von Kilometern möglich. Mit der entsprechenden Kondition lassen sich mehr als 1200 km in 24 Stunden schaffen mit einem Schnitt von über 50 km/h! (Weltrekorde)

Nach intensiver Recherche waren Hersteller und Verkäufer gefunden sowie der Entschluss, ein passendes Gefährt zu finden. Allerdings schreckten mich neben dem Preis, für den man neue Kleinwagen kaufen kann, auch die Lieferzeiten von sechs und mehr Monaten ab. Deshalb sollte es ein Gebrauchtes werden. Es ist allerdings ein kleiner Markt. Ich fand nur zwölf Angebote in den letzten zwölf Monaten, weshalb sich der Preisverfall in Grenzen hält und der Verkäufer sich in einer starken Position befindet.
400 Kilometer entfernt fand sich ein Zweitbesitzer, der sich von einem Renngefährt trennen wollte. Matschig von der langen Fahrt fand ich mich in einer neuen anderen Welt wieder. Die sogenannten Velomobile sind eigenst, für den Neuling prototypenhaft mit einer Vielzahl von ungelösten bzw. improvisierten Techniklösungen. So braucht man einen Blinker, weil man den Arm nicht aus der Hülle bekommt. Oder benötigt man bei diesen Geschwindigkeiten sehr weitreichende Scheinwerfer, für deren Preis man im Fahrradfachgeschäft um die Ecke ein komplettes solides Fahrrad kaufen könnte.

Schon im Vorgespräch hatte mich der Besitzer auf kleinere Mängel hingewiesen. Der linke Blinker ginge nicht und der Umwerfer wäre deaktiviert. Als ich dann die teilweise mit Gophertape und Tesa angeklebten Kabel und Rückleuchte sah oder das teilweise ramponierte Chassis, mit ausgerissenen Nieten wurde ich wankelmutig.

Aber es scheint die Liebe auf den ersten Blick gewesen zu sein oder ein Versprechen darauf. Mit den ersten Berührungen der Carbonkarosserie schlossen wir eine Verbindung, auf die ich gespannt nach vorne schaue.

Heute belohnte mich das Gefährt bei der ersten kurzen Inbetriebnahme mit einer 2 km langen Ortsdurchfahrt bei Tempo 50. Trotz 35 Grad Aussentemperatur war ein Versprechen auf noch mehr zu spüren.


